Warum das “Warmfahren” im Winter in Deutschland nicht mehr nötig ist: Ein Mythos aufgeklärt
Der Winter in Deutschland stellt Autofahrer jedes Jahr vor dieselben Herausforderungen: vereiste Scheiben, steife Türdichtungen und ein eiskalter Innenraum.
Ein Ritual hält sich dabei hartnäckig seit Jahrzehnten: Der Motor wird gestartet, noch bevor der Eiskratzer das erste Mal das Glas berührt. Die Hoffnung dahinter ist klar – der Motor soll “warmfahren” oder besser gesagt “warmlaufen”, damit es drinnen gemütlich wird und die Technik geschont wird.
Doch wie unser Artikelbild provokant titelt: Dieses Vorgehen ist nicht nur nicht mehr nötig, sondern in vielen Fällen technisch schädlich und in Deutschland sogar gesetzlich verboten. In diesem Artikel klären wir auf, warum moderne Motorentechnik alte Gewohnheiten überflüssig macht und wie Sie Ihr Fahrzeug im Jahr 2025 richtig durch den Winter bringen.
1. Begriffsklärung: Warmlaufen vs. Warmfahren
Um Missverständnisse direkt auszuräumen: Im Volksmund werden die Begriffe oft vermischt.
- Warmlaufen lassen: Das Fahrzeug steht, der Motor läuft im Leerlauf (z.B. während des Eiskratzens). Dies ist der Punkt, der heute technisch und rechtlich obsolet ist.
- Warmfahren: Das behutsame Fahren in den ersten Kilometern, bis das Öl Betriebstemperatur erreicht hat.
Die Aussage “Nicht mehr nötig” bezieht sich primär auf das stationäre Aufwärmen (Warmlaufen lassen), das viele Autofahrer fälschlicherweise als “Vorbereitung” oder “Anwärmen” bezeichnen. Aber auch beim echten “Warmfahren” hat sich dank moderner Öle vieles geändert – man muss heute nicht mehr schleichen wie auf rohen Eiern, sondern kann (und soll) zügig am Verkehrsfluss teilnehmen.
2. Die rechtliche Falle: Warum es teuer werden kann
Viele Autofahrer wissen nicht, dass das Laufenlassen des Motors im Stand in Deutschland eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ist hier in § 30 Abs. 1 sehr deutlich:
“Bei der Benutzung von Fahrzeugen sind unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten. Es ist insbesondere verboten, Fahrzeugmotoren unnötig laufen zu lassen.”
Das Bußgeld: Wer dabei erwischt wird, wie er den Wagen “warmlaufen” lässt, während er die Scheiben freikratzt oder beim Bäcker wartet, muss mit einem Verwarnungsgeld von 80 Euro rechnen. In Zeiten von strengerem Lärmschutz und Umweltbewusstsein greifen Ordnungsämter und Polizei hier zunehmend härter durch. Das Argument “Ich mache das für die Sicherheit, damit die Scheiben nicht beschlagen” zählt nicht, da es effektivere Methoden gibt (siehe Punkt 5).
3. Der technische Mythos: Warum der Motor im Stand leidet
Das stärkste Argument der Befürworter des Warmlaufenlassens ist oft die Motorschonung. “Das kalte Öl muss sich erst verteilen”, heißt es oft. Das stammt jedoch aus einer Zeit, als Autos noch Vergaser hatten und mit zähflüssigem Mineralöl fuhren.
Bei modernen Fahrzeugen (Direkteinspritzer, moderne Diesel) ist das Gegenteil der Fall: Im Leerlauf schaden Sie dem Motor mehr, als Sie ihm nützen.
- Langsame Erwärmung: Ein Motor produziert im Leerlauf kaum Abwärme. Es dauert extrem lange, bis das Kühlwasser und vor allem das Motoröl auf Temperatur kommen. Während dieser langen Phase läuft der Motor im “Kaltlaufmodus”.
- Ölverdünnung: Im kalten Zustand kondensiert Kraftstoff an den kalten Zylinderwänden und wäscht den Ölfilm ab. Dieser Kraftstoff gelangt in die Ölwanne und verdünnt das Motoröl. Dies verschlechtert die Schmiereigenschaften und kann langfristig zu Motorschäden führen.
- Der Katalysator: Auch das Abgasreinigungssystem benötigt Hitze, um zu funktionieren. Im Leerlauf wird diese Temperatur kaum erreicht, was den Verschleiß des Katalysators beschleunigt und die Umwelt unnötig belastet.
Fazit der Technik: Der Motor wird unter Last (also beim Fahren) viel schneller warm als im Stand. Das kritische Zeitfenster des Kaltlaufs wird durch sofortiges Losfahren drastisch verkürzt.
4. Moderne Schmierstoffe: Der Unterschied zu früher
Warum war das “Warmfahren” früher so ein großes Thema? Weil alte Öle (z.B. 15W-40) bei minus 10 Grad fast so zäh wie Honig waren. Es dauerte Minuten, bis die Ölpumpe den Schmierstoff in den letzten Winkel des Motors gedrückt hatte.
Heute nutzen wir Hochleistungs-Synthetiköle (0W-20, 5W-30).
- Viskosität: Diese Öle sind selbst bei tiefen Minusgraden (“0W”) noch sehr dünnflüssig.
- Durchölung: Die Durchölung des Motors geschieht heute innerhalb weniger Sekunden nach dem Start.
Das bedeutet: Sobald der Motor läuft und Sie sich angeschnallt haben, ist der Öldruck da. Ein langes Warten oder extrem vorsichtiges “Warmfahren” über 20 Kilometer ist bei modernen Autos für den normalen Pendelverkehr nicht mehr in der strengen Form nötig.
5. Die richtige Winter-Routine: So machen Sie es besser
Wenn das “Warmlaufen lassen” verboten und schädlich ist, wie verhält man sich richtig bei minus 5 Grad?
- Erst kratzen, dann starten: Der Motor bleibt aus, bis alle Scheiben frei sind. Das spart Sprit, schont die Umwelt und vermeidet das Bußgeld.
- Motor an und los: Starten Sie den Motor erst, wenn Sie angegurtet und startklar sind. Fahren Sie sofort los.
- Drehzahl im mittleren Bereich: Vermeiden Sie Vollgas und rote Drehzahlbereiche, solange die blaue Kühlwasser-Lampe leuchtet. Aber: Sie müssen nicht im Standgas schleichen. Fahren Sie zügig im mittleren Drehzahlbereich (bei Benzinern z.B. bis 2.500/3.000 U/min). Das hilft dem Motor, schnell auf Betriebstemperatur zu kommen.
- Heizung und Verbraucher: Nutzen Sie elektrische Helfer wie Sitzheizung oder Lenkradheizung. Diese wirken sofort (elektrisch) und sind effizienter, als darauf zu warten, dass die Motorabwärme den Innenraum heizt.
6. Sonderfall E-Auto: Hier gelten andere Regeln
Für Fahrer von Elektroautos ist das Thema “Motor warmfahren” tatsächlich komplett hinfällig, da es keinen Verbrennungsmotor und kein Motoröl gibt.
- Vorklimatisierung: E-Autos bieten den riesigen Vorteil, dass sie per App vorgeheizt werden können, während sie noch an der Wallbox hängen. Das ist legal, komfortabel und erhöht sogar die Reichweite, da der Akku vorgewärmt wird.
- Sofortige Leistung: Ein Elektromotor braucht keine Aufwärmphase. Sie können theoretisch sofort die volle Leistung abrufen (auch wenn dies bei glatten Winterstraßen nicht ratsam ist).
Fazit: Alte Gewohnheiten ablegen
Das Bild hat recht: Das klassische, rituelle “Warmmachen” des Autos ist ein Relikt aus vergangenen Tagen.
- Technisch ist das sofortige Losfahren die schonendste Methode für moderne Verbrennungsmotoren.
- Rechtlich ist das Laufenlassen im Stand verboten.
- Ökologisch ist es eine unnötige Sünde.
Der beste Rat für den Winter 2025: Investieren Sie in eine gute Halbgarage oder ein hochwertiges Enteisungsspray, um das Kratzen zu beschleunigen. Setzen Sie sich ins Auto, starten Sie und fahren Sie einfach ganz normal los. Ihr Auto – und Ihr Geldbeutel – werden es Ihnen danken.
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